Source : Welt on line du 1er décembre 2007
Vor 50 Jahren wurde die „Aktuelle Schaubude" erstmals ausgestrahlt. Dank des legendären Moderators Werner Baecker wurde sie schnell zu einer der beliebtesten Sendungen des NDR.
Zwei NDR-Journalisten reisten, jeder für sich, Mitte der 50er-Jahre durch Amerika, um sich über das Zukunftsmedium Fernsehen zu informieren. Beide waren in New York gleichermaßen fasziniert von Dave Garroways Schaufenster-Sendung „Today's Show“. Der eine dieser beiden TV-Touristen war Rüdiger Proske, den NDR-Intendant Walter Hilpert mit dem Aufbau des Regionalfernsehens beauftragt hatte. Der andere war Werner Baecker, der aus dem Hörfunk kam. Proske beschloss: „So etwas machen wir auch in Hamburg.“ Und Werner Baecker wurde der brillante Partner, der diese Idee umsetzte. Der Titel war rasch gefunden: „Die aktuelle Schaubude“.
Baecker scheute keine Experimente
So kam es, dass in der Dammtorstraße, direkt gegenüber der Hamburger Staatsoper, ebenfalls eine Schaufenster-Sendung produziert wurde – zum ersten Mal am 7.Dezember 1957 um 18.45 Uhr, direkt aus dem dafür leer geräumten Autohaus Dello. Von dort meldete sich Werner Baecker live, während sich draußen vor den großen Glasscheiben die Zuschauer drängten, um hautnah mitzuerleben, wie so eine Sendung gemacht wurde.
Baecker legte großen Wert auf diese Unmittelbarkeit der „Schaubude“ und scheute auch keine Experimente, wenn sie durchdacht und kalkulierbar waren. Die Premierensendung war, wen konnte das wundern, noch etwas holperig. Sie begann mit einer Viertelstunde Verspätung, geriet dadurch unter großen Zeitdruck, und die Interviews hinterließen einen etwas hektischen Gesamteindruck: Befragt wurden ein alter Seemann, ein Hauptmann der Bundeswehr, Polizeipräsident Bruno Georges und eine gewisse Elisabeth Müller, von Beruf Filmschauspielerin. Für die Musik sorgte eine schmissige US-Band. Draußen stand der Reporter Werner Buttstädt und befragte die Zuschauer, wie sie das fanden, was sie sahen und hörten.
Das waren die Anfänge
Die Sendung, die stets am Sonnabend lief, kam schnell aus den Kinderschuhen heraus, wurde routinierter und immer beliebter. Nach dem ersten Jahr konnte Werner Baecker eine stolze Bilanz ziehen: „Natürlich haben wir uns vor einem Jahr gewünscht, möglichst bald zur Familie eines jeden Fernsehzuschauers zu gehören. Aber wir haben auch gewusst, dass wir diese Freundschaft nur gewinnen können, wenn jeder spürt, dass alles, was er zu Hause sieht, ohne Tricks in genau diesem Augenblick im Studio passiert. Unsere Zuschauer auf der Straße sollen deshalb nicht nur einen Blick hinter die Kulissen des Fernsehens tun, sondern sie können und sollen gleichzeitig unsere Arbeit kontrollieren und bei unserer Sendung mitwirken!“
Mehr Zuschauernähe war nicht möglich, und Werner Baecker nahm dafür das Pannenrisiko in Kauf. Wenn es also darum ging, die Dompteuse Herta Fosset zu interviewen, dann bestand er darauf, dass diese Dame nicht etwa solo kam, sondern ihren Elefanten mitbrachte.
Ein weiterer Grund für den Erfolg der „Schaubude“ war, dass es sich zwar um eine Regionalsendung handelte – doch ihr Inhalt wurde wesentlich durch die prominenten Hamburg-Besucher aus allen Lebensbereichen bestimmt, die sich gerade in der Stadt aufhielten. Und die kamen eben aus der ganzen Bundesrepublik und aus dem Ausland. Es war ganz wesentlich diese Mischung, die den Charme der Show ausmachte.
Dieser Erfolg war von der Person Werner Baecker nicht zu trennen. 1917 in Wuppertal geboren, hatte er in Rommels Afrika-Korps gekämpft und war 1943 in amerikanische Gefangenschaft geraten. Er hatte diese Zeit für ein journalistisches Fernstudium an der University of Oregon genutzt. 1946 nach Deutschland entlassen, hatte er diese Ausbildung in der Rundfunkschule in Hamburg fortgesetzt.
Anfang 1948 war er dann als politischer Redakteur in den damaligen NWDR eingetreten. Er betreute so populäre Hörfunksendereihen wie die „Umschau am Abend“ und „Zwischen Hamburg und Haiti“, später das Hörfunkmagazin „Echo des Tages“. Für ein Jahr schickte sein Sender ihn 1952 als Austauschredakteur zum Deutschen Dienst der BBC in London. Als Königin Elizabeth II. gekrönt wurde, war er der deutsche Kommentator.
Baecker moderierte bis 1960
Es war sicherlich dieses breite Erfahrungsspektrum, das Baecker zum idealen Moderator machte, als die nunmehr ein halbes Jahrhundert umfassende Geschichte der „Schaubude“ begann. Er prägte sie durch handwerkliche Präzision, Gelassenheit, thematischen Überblick und durch seine Vorliebe für die „weicheren“ Themen. Sich selbst sah er nie als „harten“ politischen Journalisten, obwohl er dieses Metier perfekt beherrschte.
Bis 1960 moderierte Baecker die „Schaubude“. Dann ging er nach New York, in die Stadt, die er liebte. Dort leitete er das ARD-Studio und produzierte über 70 Folgen des überaus populären Fernseh-Magazins „New York, New York“. Werner Baecker, einer der großen Rundfunk- und Fernsehjournalisten der Nachkriegszeit, erlag 1993 in Starnberg einem Krebsleiden.
Als Moderator der „Schaubude“ hatte er zahlreiche Nachfolger: Marie-Louise Steinbauer und Christian Müller, Jürgen Roland, Rüdiger Wolff und Sabine Sauer, Carlheinz Hollmann, Carlo von Tiedemann und Victoria Voncampe, um nur einige zu nennen. Derzeit führen Ludger Abeln und Madeleine Wehle durch die Sendung. Der NDR hat sich bemüht, der auf den Freitagabend verlegten Sendung mit diesem Moderatorenpaar und einem neuen Studio ein verjüngtes Image zu geben. Die „Schaubude“ lohnt es, und sie hat es verdient.
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