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Source : GQ Magazin.de - 13 octobre 2009
Jessica Schwarz als Romy Schneider
Jessica Schwarz spielt in einem TV-Film Romy Schneider. Was sie mit der Filmikone gemein hat, verrät sie im Interview mit GQ.
Sie kann Romy Schneider erstaunlich ähnlich sehen – vor allem, wenn sie raucht. Davon können wir uns alle am 11. November um 20. 15 Uhr in der ARD überzeugen – denn da wird das Biopic "Romy" ausgestrahlt. Yvonne Catterfelds angekündigte Kinorolle als Romy Schneider hingegen wurde vorerst zu den Akten gelegt. Jessica Schwarz hat einen mutigen Schritt getan. Ob sie mit dem Ergebnis zufrieden ist, was Romy Schneider von Sandra Bullock unterscheidet und was ihre größte Blamage im Fernsehen war – das alles gibt’s in unserem Interview.
GQ.com : Jessica Schwarz, im TV-Film "Romy" spielen Sie Romy Schneider, eine der größten und legendärsten deutschen Filmdivas. Ist es klug, sich als junge Schauspielerin diesem Vergleich auszusetzen ?
Jessica Schwarz : Darüber habe ich auch lange nachgedacht. Allerdings: Wenn man als leidenschaftlicher Darsteller ein solches Drehbuch sieht und die Chance bekommt, so tolle Szenen zu spielen – da kann man nicht nein sagen. Weil man schon beim Lesen so tief in die Figur eintaucht, dass einem Angst und Bange wird.
GQ.com : Die meisten Nachgeborenen kennen sowieso nur die unvermeidliche "Sissi". War das bei Ihnen auch so ?
Jessica Schwarz : Nein, ich habe schon als ganz junges Mädchen "Der Swimming Pool" gesehen und war von der Präsenz dieser Frau hin und weg. Sie hatte ja schon als Kind vor der Kamera gestanden und früh gelernt, ihren Körper und ihr Gesicht bewusst einzusetzen. Gleichzeitig fehlte ihr jedes technische Wissen. Sie hatte nie eine Schauspielschule besucht und musste die Schmerzen jeder Figur uneingeschränkt zulassen, um die Rolle überzeugend spielen zu können. Eine umwerfende Mischung.
GQ.com : Im Film schluckt sie allerdings Tabletten, um Versagensängste zu verjagen. Auch Sie haben keine Schauspielausbildung – kennen Sie solche Gefühle ?
Jessica Schwarz : Ja, die kenne ich. Aber sie waren bei mir nie so stark. Romy Schneider war ein sehr sensibler Mensch, ich bin robuster und bodenständiger. Ich muss keine Tabletten nehmen ! (lacht)
GQ.com : Ihre Ängste offenbarte Romy Schneider auch gerne der Presse und den Talkshowmoderatoren. Wurde sie von den Medien missbraucht ?
Jessica Schwarz : Nun ja, am Anfang hat sie das ja absichtlich forciert. Sie war einer der ersten Stars, der Reporter zu sich nach Hause einlud und dem Publikum erlaubte, seine tiefsten Gedanken in der Zeitung zu lesen. Spätestens wenn man dann sein totes Kind auf allen Titelseiten sieht, merkt man wohl, dass man die Neugierigen vielleicht zu weit vorgelassen hat.
GQ.com : Sie hätte einen Imageberater gebraucht ?
Jessica Schwarz : Vielleicht. Mit der Zeit, in der sie lebte, hat es jedenfalls nichts zu tun – die Gefahren sind heute noch dieselben. Als Teenager habe ich selbst im Modelbusiness gearbeitet : Da werden 15-jährige Mädchen in die weite Welt geschickt, und der Einzige, der sich um sie kümmert, ist ein Agent, der noch auf 200 andere aufpassen muss. Da muss man schnell erwachsen werden. Sonst erliegt man jeder Verführung.
GQ.com : Romy Schneider gilt auch als Topbeispiel für die These, dass die deutsche Öffentlichkeit ihren großen Stars den Erfolg nicht gönnt. Stimmt das ?
Jessica Schwarz : Eine gewisse Vorsichtshaltung ist unter meinen Kollegen durchaus verbreitet. Man passt auf, nicht zu sehr aufzufallen, zu präsent zu sein oder das Publikum neidisch zu machen – sonst kriegt man schnell eins aufs Dach. Keine Ahnung, ob das typisch deutsch ist.
GQ.com : Ist Ihnen das schon passiert ?
Jessica Schwarz : Nein. Das ist nur vorauseilende Vorsicht.
GQ.com : Man hat beim Anschauen des Films auch nicht den Eindruck, dass Romy zu sehr im Mittelpunkt steht. Im Gegenteil: Große Passagen handeln vor allem von ihren Männern. Sind Sie da einer typisch maskulinen Leseart ihrer Biografie auf den Leim gegangen ?
Jessica Schwarz : Sicher nicht. Romy Schneider war nun mal eine harmoniebedürftige Person, die sich gern in den Menschen um sie herum spiegelte. Das muss ein solcher Film auch zeigen. Devot war sie trotzdem nicht. Wir wollten nur nicht jeden Liebhaber ins Drehbuch aufnehmen.
GQ.com : Im Kino sah man sie viel öfter in rebellischen, dominanten Rollen. War Romy Schneider etwa auf der Leinwand eine modernere Frau als im richtigen Leben ?
Jessica Schwarz : Ich glaube schon. Sie hat ja mal selbst in einem Interview gesagt : "Frauen sollen Frauen bleiben, und damit hat sich’s". Klingt nicht sehr fortschrittlich, oder? Natürlich konnte sie in ihren Rollen Einiges ausleben, das ihr im echten Leben verwehrt blieb. Das ist das Schöne am Kino!
GQ.com : Als Romy sieht man Sie im Film ständig mit Zigarette. Wie genau haben Sie ihren Rauchstil studiert ?
Jessica Schwarz : Sehr genau! Sie hatte ja viele typische Bewegungen: In Interviews hat sie ständig an ihren Fingernägeln herumgeknibbelt und sich über die Lippen geleckt. Sie war insgesamt ruhelos, hielt nie still, hatte oft eine Hand im Haar oder an der Zigarette. Dafür waren alle Bewegungen immer sehr weich und fließend – sie hatte ja viel Ballett gemacht. Und trotz aller Eleganz konnte sie auch ein Kumpeltyp sein und wie ein Rotzlöffel lachen.
GQ.com : Ist Romy Schneider für eine junge Schauspielerin heute ein passendes Vorbild ?
Jessica Schwarz : Teils teils. Mit Anfang 30 – also in dem Alter, in dem ich jetzt bin – hatte sie ihre beste Zeit mit "Der Swimmingpool", "Die Dinge des Lebens", "Trio Infernale". Später gab es dann leider einige problematische Filme : Bei den Dreharbeiten war sie oft schon nachmittags betrunken und nicht mehr einsetzbar. Eine wirklich zuverlässige Schauspielerin war sie damals nicht mehr.
GQ.com : Wäre Sandra Bullock also ein besseres Vorbild ? Weil sie professioneller ist ?
Jessica Schwarz : So gesehen : ja. Allerdings zeigen ambivalente Künstler, die Exzesse durchleben und sich selbst viel intensiver spüren, in ihren Werken auch oft die größere Tiefe.
GQ.com : Wenn wir zum Schluss noch an Romy Schneiders tolle, skandalöse TV-Auftritte denken: Was war Ihr peinlichster Talkshowmoment ?
Jessica Schwarz : Als ich während meiner Zeit als Viva-Moderatorin mit Harald Schmidt über Hausmusik sprach. Er fragte mich, was ich auf dem Klavier spielen könne, und ich sagte: "Für Elise von Bach". Ist leider von Beethoven. Nachdem ich das typische Klischee der dummen Popgöre erfüllt hatte, ging ich mit hochrotem Kopf von der Bühne.
Joachim Hentschel
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