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Wie eine Frau zur Göttin wird
Am Montag wäre Romy Schneider 70 Jahre alt geworden. Über die gefallene Tochter der deutsch-österreichischen Nachkriegszeit.
Sie war der größte Star, den die beiden Deutschlands und ihr Geburtsland Österreich verdienten. An ihren "Sissi"-Filmen brach sich die geschichtsklitternde Nostalgie der Nachkriegsära, an ihrer französischen Karriere die Hassliebe gegenüber unbotmäßigen Töchtern. Unverdaute Vorurteile gegenüber dem alten Feind Frankreich, mit dem ein neues Europa entstehen sollte, spielten in die heftigen Ressentiments gegen Romy Schneider hinein, als die junge Frau die deutsch-österreichische Filmfamilie verließ, Anfang der Sechziger nach Paris zog und eine internationale Karriere begann.
Die Hassliebe der Medien entwickelte sich zu einem roten Faden ihrer Geschichte, ihr kokettes Spiel mit dem Ruhm ebenso. Romy Schneider war eines jener grandiosen Naturtalente, die ein erotisches Verhältnis zur Kamera auslebten, aber von tiefer Angst getrieben waren, das Handwerk ihrer Kunst nicht zu beherrschen. Hätte sie weiter das herzige Ding à la "Mädchen in Uniform" und "Monpti" verkörpert oder als österreichische Kaiserin Sissi die Heilige in schönen Kostümen gegeben, man hätte die schöne junge Frau weiter auf Händen getragen.
Doch Romy Schneider brach aus dem Klischee aus, das ihre Mutter Magda Schneider, ein Star im einstigen Unterhaltungskino unter Goebbels, lanciert hatte. Erwachsene Rollen wie die der desillusionierten mondänen Ehefrau in Luchino Viscontis "Boccaccio 70", die ihrem Mann Liebe gegen Geld verspricht, provozierten die heuchlerische Sittlichkeit der frühen 60er-Jahre. Romy Schneider nahm vorweg, was sich später als gesellschaftlicher Umbruch durchsetzen sollte. Eine Mentalitätsgeschichte jener Zeit fände an ihren Filmen und ihrer Lebensgeschichte reichlich Material.
Geboren 1938 in Wien als Tochter des Schauspielerpaares Magda Schneider und Wolf Albach-Retty, gehörte Romy Schneider durch ihren Vater einer berühmten österreichischen Schauspielerdynastie an. Von ihrer Mutter Magda, die im Nazi-Film zu Ehren und Reichtum gekommen war, mag sie den Ehrgeiz geerbt haben. Wie der einsame, aufs Theaterspielen versessene Teenager als Ersatzobjekt für Magda Schneiders fehlenden Nachkriegserfolg aufgebaut und mit gezielten Indiskretionen immer wieder der Boulevardpresse ausgesetzt wurde, prägte Romy Schneiders spätere Lebensentscheidungen. Die Sehnsucht nach dem abwesenden Vater und ihre Abneigung gegen Magda Schneiders zweiten Ehemann, den Kölner Gastronomen "Daddy" Blatzheim, entwickelten sich zu einer tief sitzenden Angst vor dem Liebesentzug. Blatzheim bereicherte sich an den Gagen der Stieftochter, so dass die Flucht nach Paris zu Alain Delon ein radikaler Neubeginn, ein Start in eine schmerzlich scheiternde Unabhängigkeit wurde.
An Romy Schneiders Affären und Liebeskatastrophen, ihrem Luxus, den Abstürzen in Alkohol- und Tablettenprobleme und den persönlichen Schicksalsschlägen nahm die Sensationspresse teil. Als 1981 ihr Sohn bei einem schrecklichen Unfall starb, sie vor einem erneuten finanziellen Fiasko stand und ihm Jahr darauf überraschend starb, vollendete sich der Mythos der Leinwandgöttin, die in sechzig Filmen emanzipierte sinnliche Frauenbilder entwarf, doch im Privatleben hilflos an den Männern und sich selbst scheiterte.
Was von ihr bleibt, ist ihre vibrierende Leinwandpräsenz, ihre melodiöse Stimme, die einen zarten Wiener Tonfall bewahrte, und das breite Spektrum ihrer Charakterstudien im Kino. Romy Schneider verkörperte die Leni in Orson Welles Kafka-Verfilmung "Der Prozess", sie wagte eine kühle und distanzierte Neu-Interpretation ihrer Sissi-Figur in Luchino Viscontis "Ludwig II.", gab in André Zulawskis düsterem Film "Nachtblende" das Porträt einer Schauspielerin, die um ihre künstlerische Anerkennung kämpft.
Mit Claude Sautet schuf sie ihre schönsten Filme, eine Reihe moderner Melodramen, in denen sie eine seltene Intensität erreicht. "Die Dinge des Lebens" erzählt vom Tod ihres Geliebten, ihrer Trauer, doch die Kraft und Vehemenz ihrer Lebendigkeit im Augenblick überstrahlt im Kino alle Gefühle der Verzweiflung.
Claudia Lenssen
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